Eine Formica fusca Kolonie lebt in einem Ytongnest. Waren sie besonders anfällig für Milben?
Eine Formica fusca Kolonie lebt in einem Ytongnest. Waren sie besonders anfällig für Milben?

Milben sind ein sehr ernst zunehmendes Problem, zumindest, wenn die Milben direkt an den Ameisen sitzen. Aber auch die sogenannten Futtermilben sollen schon mal an die Brut der Ameisen gegangen sein.

Bedauerlicher ist es, wenn man von einem Experten sehr fragwürdige Empfehlungen liest, bei denen man sich fragt, ob der Herr jemals Ameisen in einem Ytongnest gehalten hat oder woher sonst seine negative Meinung über das Nestmaterial stammt:

Als erstes würde ich die Ameisen umziehen lassen, raus aus dem verfl….. Ytong *) mit seinen abenteuerlich vielen Versteckmöglichkeiten für Milben und deren winzige Eier!
Ein Formikarium, am besten eine „Farm“ mit lehmigem Sand, halte ich für sehr viel besser!

Er hält also Ytong für ungeeignet, weil die Milben dort so viele Versteckmöglichkeiten haben. Als bessere Alternative wird eine Farm mit lehmigem Sand empfohlen. Evtl. ist es ihm ja noch nicht aufgefallen, aber gerade zwischen den Sandkörnern haben Milben und deren Eiern noch viel bessere Versteckmöglichkeiten, da die Spalten noch deutlich kleiner sind als die Poren des Ytong-Steins. Die Ameisen können so noch schlechter an Milben herankommen. Viele Milben leben ja auch in der Natur im Boden und verstecken sich dort.

Aber es gibt ja noch ein Sternchen, also schauen wir mal nach unten, was da sonst noch geschrieben wird:

Zum Ytong: Ich habe viel im Freiland gearbeitet bzw. Studierenden auf Exkursionen Ameisen und anderes Getier gezeigt. Auf alten, überwachsenen wilden Müllkippen findet man so Manches, auch weggeworfene Ytong-Bruchstücke. NIEMALS fand ich Ameisen unter oder in Ytong, auch wenn der viele Jahre am Ort lag und von Moos überzogen war! Natursteine daneben, oder auch massive Ziegelsteine (nicht die mit Löchern) dreht man dagegen selten vergebens bei der Suche nach Ameisen. Über die Ursache kann man nur spekulieren; was hier zählt, ist die Tatsache, dass Ameisen dieses Material meiden. – Hatte das vor vielen Jahren bereits im alten Ameisenforum berichtet, aber es wurde nicht beachtet.

Er hat also im Freiland die Beobachtung gemacht, dass Ameisen nicht unter Ytong-Stücken bzw. darin nisten, aber sehr wohl unter anderen Steinen und massiven Ziegelsteinen (ohne Löcher, das betont er extra). Erstens hat das natürlich nichts mehr damit zu tun, wie stark Ytong die Milbenentwicklung begünstigt. Zweitens gibt es zwei sehr plausible Gründe, warum die Ameisen den Ytong  in der freien Natur meiden. Dazu muss man sich aber erst einmal fragen, warum die Ameisen überhaupt unter Steinen so oft zu finden sind. Das hat vor allem zwei Gründe:

  • Unter dem Stein bleibt die Feuchtigkeit länger erhalten, da sie nicht so schnell verdunstet
  • Steine speichern die Wärme sehr gut, vor allem im Frühling findet man daher häufig die Ameisen darunter

Jetzt ist Ytong für beide Zwecke sehr schlecht geeignet.

Zum einen ist ja Ytong sehr saugfähig. Sobald also an seiner Oberfläche das Wasser durch die Sonne verdunstet, zieht der Stein Feuchtigkeit von der anderen Seite nach. Also vertrocknet die Erde unter dem Ytong-Stein schneller als bei einem wasserundurchlässigen Material. Zum anderen wurde Ytong als Wärmedämmstoff entwickelt. Er leitet sowohl die Wärme recht schlecht und speichert sie auch nicht gut. Das liegt vor allem an den vielen Lufteinschlüssen in den Poren. Daher nisten die Ameisen auch nicht gerne unter Lochziegeln.

Daran sieht man, mit etwas logischem Denkvermögen, warum die Ameisen nicht unter Ytong in der Natur nisten, sondern lieber Steine bevorzugen.

Die meisten Ameisenarten, die in der Erde leben, werden auch immer versuchen im Sand oder in der Erde zu graben, aber dieses Problem hat man nicht nur mit Ytong, sondern auch mit Gips. Gips wurde ja soweit ich weiß in den ganzen Jahren der Forschungsarbeit des Herrn Buschingers fast ausschließlich als Nestmaterial verwendet. Dort verwendete man auch keine Farmen mit lehmigem Sand. Und dennoch kam es auch bei seiner Ameisenhaltung ab und an zu Milbenbefall:

Zu Ihrem post vom 24. Sept. 06, Bild mit Milben, kann ich nur sagen, dass diese Milben recht exakt so aussehen, wie die seinerzeit in meinen Ameisenzuchten.  […]
Die Milben deponierten ihre Eier (winzig, weiß, aber unter dem Bino gut sichtbar) in kleinsten Spalten oder Vertiefungen im Gipsboden, unter der herausnehmbaren Nestkammer, an Stellen, wo sie für die Ameisen unerreichbar waren.

Man sieht, dass also auch eine Haltung in Gipsnestern nicht dazu führt, dass die Ameisen keine Milben mehr bekommen können. Auch dort finden sie Versteckmöglichkeiten, ebenso wie im Sand oder in der Erde.

Wenn man sich die ganzen Berichte über Milben ansieht, stellt man auch fest, dass Kolonien schon in den unterschiedlichsten Nestern von Milben befallen wurden, ob das jetzt Reagenzglas-, Gips-, Ytong-, Erd- oder Acrylglasnester waren. Bei allen kam es schon einmal zu Milbenbefall.

Auch wundert es mich, dass in den USA die Problematik noch nicht aufgefallen ist, denn ein Hersteller von Nester setzt ja fast ausschließlich auf Ytong und zu dessen Kunden zählen auch ein paar amerikanische Myrmekologen, die das Problem anscheinend auch noch nicht bemerkt haben…

Aber jetzt schreibe ich noch, warum ich denke, dass es zu dem Milbenbefall kam. Milben lieben die Feuchtigkeit und wenn ich mir die Bilder, die der Halter gepostet hat, genauer ansehe, dann stelle ich fest, dass der Ytong sehr nass ist (Man sieht richtig schön, wie das Wasser aus dem Stein dringt).

Zum Vergleich mal eine Nahaufnahme vom Ytongnest, in der meine Formica fusca Kolonie lebte:

Hier fliest noch kein Wasser aus dem Ytongstein heraus.
Hier fliest noch kein Wasser aus dem Ytongstein heraus.

Viele machen leider den Fehler, dass sie ihre Ytong- und/oder Gipsnester viel zu stark befeuchten. Der Ytong selbst speichert enorm viel Wasser, wenn er erst einmal vollgesaugt ist, da kann man dann auch mehrere Tage den Wassertank leer lassen. Lieber nur alle paar Tage ein bisschen was reinfüllen, anstatt zu versuchen, den Wassertank ständig gefüllt zu haben (dann wird der Stein 100% zu feucht). Seht den Wassertank in einem Ytong- oder Gipsnest eher als Befüllhilfe an, nicht als richtigen Wasserspeicher.

Daher wäre mein Vorschlag: Das Nest etwas austrocknen lassen, evtl. sogar mehr als normalerweise günstig für die Ameisen wäre (in der Arena unbedingt eine Wasserquelle anbieten). Dann kann man nur noch abwarten und hoffen, dass sich das Milbenproblem von selbst erledigt. Aber auch dieser Tipp ist keine Garantie dafür, dass der Milbenbefall verschwindet.

 

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