Keine klare Empfehlung

Gerade am Anfang möchte man natürlich wissen, wie oft man die Ameisen füttern sollte, damit sich die Kolonie prima entwickelt. Leider muss ich die Leute nun enttäuschen, die eine genaue Empfehlung haben wollen, innerhalb welches Abstandes sie ihre Ameisen füttern sollten, um optimales Koloniewachstum zu erreichen. Die kann ich schlichtweg nicht geben, da ich es nicht weiß.

Ich kann lediglich von meinen Erfahrungen berichten und sagen, wie oft ich meine Kolonien füttere.

Während der Gründung

Unterschiedliche Gründungsformen

Während der Gründung, also der Phase in der noch keine Arbeiterinnen vorhanden sind, muss man zwei Gründungsformen (ich lasse bewusst Sozialparasiten außen vor) unterscheiden:

  • claustral
  • semiclaustral

Bei der claustralen Gründung bringt die Königin genug Reserven von der Mutterkolonie mit, um erste Arbeiterinnen aufzuziehen, ohne zwischendurch selbst auf Nahrungssuche gehen zu müssen. Bei der semiclaustralen Gründung ist das anders. Die Königinnen verfügen über weitaus weniger Reserven und müssen daher selbstständig auf Futtersuche gehen, um die Larven zu versorgen. Daraus ergibt sich dann schon, wie oft man die Königin in dieser Phase füttern muss.

Claustrale Gründung

Eine claustrale Königin muss gar nicht gefüttert werden, bis erste Arbeiterinnen da sind. Ihr könnt also ein Reagenzglas mit beispielsweise einer Lasius niger Königin so lange in der Schublade lassen, bis erste Arbeiterinnen geschlüpft sind (lediglich sollte überprüft werden, ob das Wasser im Reagenzglasnest ausreicht).

Ob das zusätzliche Füttern trotzdem evtl. Vorteile hat, wurde schon oft in den Foren diskutiert. Zwar hat man vor einigen Jahren im Ameisenforum zu einem Zufütterungsexperiment aufgerufen mit Lasius niger Königinnen aufgerufen, an dem sich auch einige Halter beteiligten. Leider hat der Initiator nie die Daten veröffentlicht wegen angeblichen Fehlern bei der Durchführung des Experiments seitens einiger Teilnehmer. Also weiß man momentan nur eines sicher: Ein zusätzliches Füttern ist nicht nötig, ob es einen Vorteil bringt, ist nicht geklärt.

Man sollte jedenfalls höllisch aufpassen, wenn man Zuckerwasser direkt im Reagenzglas anbieten will, denn einmal zu stark auf das Fläschchen gedrückt und man hat eine ziemliche Sauerei da drin und wenn man Pech hat, klebt die Königin fest, oder die Larven ertrinken. Eine kleine tote Fruchtfliege kann da schon weitaus weniger anrichten. Allzu große Insekten sollte man aber keinesfalls anbieten oder auch nicht versuchen der Königin die Futtertiere in die Nähe zu schieben. Das kann dann zu Panik führen. Lebende Futterinsekten in dieser Phase anzubieten ist ein NO GO.

Semiclaustrale Gründung

Ich hatte letztes Jahr drei Manica rubida Königinnen, die ich erfolgreich durch die Gründungsphase gebracht habe. Gehalten habe ich die Königin in je einer kleinen Plastikbox:

Die „Gründungsbox“ einer Manica rubida Königin.

Wie man sieht, benötigt man kein riesiges Formikarium, um eine semiclaustral gründende Königin durchzubringen. Ein Behälter für Zuckerwasser und etwas Fläche zum Furagieren genügt.

Gefüttert habe ich die Königinnen meist einmal die Woche, manchmal sogar nur alle zwei Wochen. Auf dem Speiseplan standen neben Zuckerwasser vor allem kleinere Fliegen, die ich meist auf der Terrasse erlegt habe. Kleinere Futterinsekten wie Fliegen haben den Vorteil, dass die meisten Ameisen sie lieben und sie leicht in das Nest getragen werden können. So erkennt man schnell, ob die Königin das Futter angerührt hat, oder nicht. Daher würde ich in dieser Phase auch keine größeren Futterinsekten wie Grillen oder Schaben anbieten (evtl. frisch Geschlüpfte Nymphen wären gut geeignet).

Die Anfangszeit der Kolonie

Seltene Fütterung ausreichend

Im Prinzip gilt hier auch dasselbe wie bei der semiclaustralen Gründung. Man muss die Ameisen nicht sehr oft füttern. Ein- bis zweimal die Woche ist in der Regel völlig ausreichend. Allerdings sollte man in dieser Phase bereits anfangen die Ameisen etwas genauer zu beobachten. Wie viele Larven haben sie? Wie schnell werden Futterinsekten eingetragen?

Larven bestimmen Proteinbedarf

Wenn viele Larven vorhanden sind, hat die Kolonie einen erhöhten Proteinbedarf und wird auch häufiger Futterinsekten eintragen. Hat sie hingegen keinerlei Larven, so benötigt lediglich die Königin Proteine, um Eier produzieren zu können. Dieser Bedarf ist aber sehr gering und somit wird die Kolonie oft angebotene Futtertiere verschmähen.

Das führt dann vor allem bei Anfängern zu Verzweiflung und man erhofft sich Hilfe in diversen Foren mit Fragen wie: „Warum frisst meine Kolonie nichts“, „Ich sehe meine Ameisen nicht mehr“ usw. In den meisten Fällen ist das Verhalten einfach darauf zurückzuführen, dass die Tiere schlichtweg satt sind.

Muss man öfters Futterinsekten entsorgen, da sie vertrocknet sind und die Ameisen ihr Interesse verloren haben, kann man sich überlegen, ob man nicht seltener, oder etwas Anderes füttert.

Zucker wird gespeichert

Zwei Camponotus nicobarensis Arbeiterinnen bei der Trophallaxis
Zwei Camponotus nicobarensis Arbeiterinnen bei der Trophallaxis. Die prall gefüllten Gaster zeigen, dass die Ameisen gut genährt sind.

Wie man auf dem Bild sieht, sind die Hinterleiber der beiden Ameisen stark ausgedehnt. Das liegt daran, dass deren Sozialmägen randvoll mit Zuckerwasser gefüllt sind. Zum einen versorgt sich die Ameise aus diesem Sozialmagen auch selbst, aber ein großer Vorteil der meisten Ameisenarten ist deren Fähigkeit zum Austausch von Nahrung mit Artgenossen via Trophallaxis. Sie würgen Flüssignahrung hervor und tauschen diese mit einer anderen Ameise aus.

Wie man sich leicht vorstellen kann, geht in so einen Sozialmagen nur eine begrenzte Menge an Zuckerwasser hinein. Sind die Sozialmägen der meisten Ameisen prall gefüllt, so sinkt auch das Interesse an Zuckerwasser stark. Die Ameisen werden das angebotene Zuckerwasser also ignorieren, oder nur so viel trinken, bis der Sozialmagen wieder komplett gefüllt ist.

Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass man bei kleineren Kolonien, die ständig Zugang zu Zuckerwasser haben, seltener Arbeiterinnen bei der Nahrungssuche beobachten kann. Füttern man hingegen seltener, so sieht man auch öfters Arbeiterinnen außerhalb des Nests.

Große Kolonien und das große Fressen

Ab einer gewissen Größe gehen die Kolonien in einen Modus über, bei dem man meinen könnte, dass die Ameisen unersättlich wären. Täglich kann man Berge von Schaben anbieten und am nächsten Tag wird wieder ein solcher Berg vertilgt:

Meine Polyrhachis dives Kolonie vertilgt einen Haufen adulter Schokoschaben.

Auch Zuckerwasser wird in großen Mengen genommen und bei Arten, die in trockenen Nestern leben, ist der Wasserbedarf auch enorm:

Mehrere Polyrhachis dives Arbeiterinnen nehmen Wasser aus einer Vogeltränke auf.
Mehrere Polyrhachis dives Arbeiterinnen nehmen Wasser aus einer Vogeltränke auf.

In dieser Phase wirkt sich auch ein mehrmaliges Füttern der Kolonie pro Woche positiv auf das Wachstum aus, da die angebotenen Futterinsekten auch wirklich verwertet werden und nicht einfach nur vertrocknen und man sie entsorgen muss.

Aber selbst eine solch große Kolonie kommt problemlos mehrere Tage oder auch eine Woche problemlos ohne Nahrung aus, wenn man sie zuvor gut gefüttert hat. Während ich meine erste Crematogaster scutellaris Kolonie hatte, war ich unter der Woche nicht zu Hause und konnte die Kolonie zur am Wochenende füttern. Trotzdem entwickelte sich die Kolonie hervorragend und zog enorme Mengen an Brut auf:

Crematogaster scutellaris Kolonie mit viel Brut (Larven und Puppen)
Die Crematogaster scutellaris Kolonie lagerte sehr viel Brut außerhalb des Nests direkt unter der Lampe.

Ich hatte nur einmal während des Sommers größere Verluste, da die Wassertränke ausgelaufen ist und so viele Ameisen verdursteten. Wasser ist also viel kritischer als Zuckerwasser oder Proteine und sollte immer vorhanden sein (ob im Reagenzglas oder extra in einer Tränke).

Kann man Ameisen überfüttern?

Ich habe noch nie erlebt oder irgendwo gelesen, dass Ameisen wegen Überfütterung gestorben sind. Wie ich bereits oben geschrieben habe, werden Ameisen nur so viel Futter aufnehmen, wie die Kolonie auch benötigt. Daher kann man Ameisen auch nicht überfüttern und es hat keinerlei negativen Folgen, wenn man jeden Tag frisches Zuckerwasser und/oder Insekten anbieten.

Vorsichtig sollte man lediglich bei Nahrung sein, die sowohl Kohlenhydrate als auch Proteine enthält (wie manche Jellys). Hier kann es sein, dass die Ameisen zwangsweise zu viele Proteine aufnehmen (da sie ja Kohlenhydrate benötigen) und es zum Tod von Ameisen kommen kann. Genauer habe ich etwas dazu bereits früher geschrieben.

Fazit

Man kann Ameisen bedenkenlos täglich füttern, sie werden nicht an Fettleibigkeit oder an sonstigen Folgen der Völlerei sterben. Wenn man mehr Aktivität möchte, sollte man den Abstand zwischen den Fütterungen erhöhen und/oder anderes Futter ausprobieren. Eine Woche ohne Nahrung (aber mit Wasser) überstehen selbst größere Kolonien problemlos.

2 Antworten auf “Ab wann und wie oft sollte man die Ameisen füttern?

  1. Ein sehr interessanter & informativer Bericht ! 🙂
    Ich füttere mein C. Nicobarensis & C. Singularis alle 3 Tage.
    Den Invertzucker (Tränke von byFormica) und das Wasser (offene Tränke)
    tausche ich alle 7 Tage.
    Bin mir aber etwas unsicher ob ich das Wasser (Brita Wasser) häufiger
    austauschen sollte.
    Konnte leider zu dem Thema Wasserwechsel nicht viel im Internet finden. :-l
    Invertzucker soll sich ja unverdünnt & verdünnt sehr lange halten.

    1. Hallo Sascha
      bei den meisten Videos die ich bis jetzt gesehen habe, Wechseln die Ameisenhalter die Tränken
      wenn sie Trocken oder extrem verdreckt sind.
      Ich koch gerne das Wasser vorher ab damit keine Keime enthalten sind und wechsel es auch erst
      wenn meine Messors es leer geschlürft haben.

      LG Manuel

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